WIEDER ENTDECKT – Unsere Wurzeln
Warum wir uns in dieser Jubiläumsausgabe für das Thema Wurzelgemüse entschieden haben, hat gleich zwei tiefergehende Gründe. Wurzeln haben eine gute Bodenhaftung. Eine Eigenschaft, die sich die Meistervereinigung schon viele Jahre auf die Fahne schreibt. Genau diese Bodenhaftung und die Tatsache, tief in unserer Heimat verwurzelt zu sein, liefert den zweiten Grund, nämlich Gemüsesorten in den Mittelpunkt zu rücken, die stiefmütterlich behandelt werden. Dabei sind Wurzeln ein wichtiger Bestandteil der heimischen Landwirtschaft. Manche Wurzeln sind das ganze Jahr über zu haben. Manche machen uns gerade im Winter besondere Freude, weil wir auf Sommergemüse und Salate in mittelmäßigen Qualitäten heute gerne verzichten.
Als Köche, die vor allem einem regionalen Ansatz folgen, wollen wir deshalb zurück zu unseren Wurzeln. Ein Trend, der vom Gasthaus bis zur Sterneküche schon länger sichtbar wird. Vor einigen Jahren kaum vorstellbar, zieren Rüben, Bete und Wurzeln heute auf unterschiedlichste und kreative Art und Weise die Speisekarten bester Küchen. Hat man sich einmal mit der bunten Vielfalt aus der Erde angefreundet, merkt man schnell, dass der Kreativität fast keine Grenzen gesetzt sind. Man zaubert heute schon lange nicht mehr nur schmackhafte Beilagen und Pürees. Wurzelgemüse werden ebenso gerne zu eigenständigen ideenreichen Vorspeisen, Hauptgängen und sogar zu Desserts verarbeitet. Der Trend zur vegetarischen und veganen Ernährung trägt sein Übriges dazu bei.
Interessant ist die Tatsache, dass es die Bezeichnung Wurzelgemüse, wie wir sie umgangssprachlich nennen, in der Botanik überhaupt nicht gibt. Aber wir bleiben bei diesem wunderbaren Ausdruck. Denn schließlich ist er selbsterklärend, auch wenn die konkrete Zuordnung nicht eindeutig ist. Unter Wurzelgemüse verstehen wir gemeinhin alles, was in der Erde wächst und essbar ist: Karotten, die wir in Baden-Württemberg auch gerne „Gelbe Rüben“ nennen, Knollensellerie, Pastinaken, Petersilienwurzeln, Rettich, Radieschen, Rote und Gelbe Bete, Schwarzwurzeln, Steck- und Speiserüben und Topinambur.
In den letzten Jahren in Mode gekommen sind Rüben, Bete und Wurzeln vor allem, weil viele Vertreter großartige Energiespender und Vitaminlieferanten sind. Im Vergleich zu besonders wasserreichen Gemüsen wie Tomaten oder Gurken enthält Wurzelgemüse mehr Energie in Form von hochwertigen Kohlenhydraten bereit. Das trägt zur Sättigung bei und wärmt von innen. Die Knollen lassen sich zudem auf sehr unterschiedliche Art zubereiten, was sie zu echten Multitalenten macht.
Wer Raffinesse und gesunde Abwechslung sucht, kommt gerade in den Wintermonaten an Wurzelgemüse nicht vorbei. Kommen manche von ihnen eher neutral daher, wie die Karotte, Pastinake oder Süßkartoffel, haben andere eine eigene Grundwürze, bisweilen sogar Schärfe. Das macht das Kochen besonders spannend und lässt vieles zu, so zum Beispiel die Kombination von Pastinake mit Petersilienwurzel oder Sellerie. Wir möchten sie einfach gerne motivieren, ein bisschen zu experimentieren.
Oder Sie orientieren sich zurück zu gängigen Küchen-Klassikern. Versuchen Sie doch mal eine zeitgemäße Neuinterpretation des berühmten Waldorf-Salates. Kam der Sellerie-Klassiker manchmal etwas plump mit viel Mayonnaise daher, kann man heute ganz andere Akzente setzen. Warum nicht eine Karotte zu Apfel und Sellerie kombinieren. Das bringt farbliche schöne Akzente. Statt dicker Mayonnaise würde man heute wohl eher einen leichten Schmand oder gar eine Sojacreme wählen, soll das Ergebnis am Ende vielleicht sogar vegan sein. Die gute Walnuss, ein wichtiger Energie- und Kaliumlieferant, darf natürlich aus geschmacklicher Sicht nicht fehlen. Besonders gut vertragen sich Knolle & Co. übrigens auch mit schmackhaften Gewürzen. Beschränkte man sich beim Klassiker noch auf einen Hauch Cayennepfeffer, darf man heute mutiger würzen. Da kann man ruhig auch in den arabischen oder asiatischen Gewürztopf greifen. Wurzelgemüse können und verkraften irgendwie alles. Sogar dass man sie zu schmackhaften Desserts verarbeitet. Noch nie probiert? Dann schauen Sie doch einfach mal vorbei, was unser Küchenmeister Tobias Maier mit Foodbloggerin Kerstin Getto auf den Teller gebracht hat.
Details zu allen Wurzeln zu geben, würde hier wohl etwas zu weit führen. Deshalb wollen wir Ihnen heute jene ans Herz legen, die gerade in den letzten Jahren zu neuer Popularität gekommen sind, bei uns in Baden-Württemberg gut zu finden sind und in den folgenden Rezepten verwendet wurden.
GELBE & ROTE BEETE
Rote Bete sind uns wohl geläufiger als Gelbe Bete. Doch gerade in letzter Zeit gewinnt die strahlend gelbe Variante mehr und mehr an Beachtung. Ursprünglich sind die „Bete“ mit der Zuckerrübe und dem Mangold verwandt. Kannte man früher vor allem den Rote-Bete-Salat zum Tafelspitz, findet man heute vielseitige Rezepte und Einsatzmöglichkeiten für die farbintensiven Rüben. Auch ihr feines junges Kraut liegt sehr im Trend und eignet sich für Salate und grüne Smoothies. Bei fast allen gut sortierten Gemüseläden finden Sie heute bereits gekochte Rote Bete, die vakuumiert einfach zu verarbeiten sind. Aber wagen Sie doch auch mal das Experiment, frische Bete vom Markt zu verarbeiten. Einfach 30-40 Minuten sanft in kochendem Salzwasser garen und dann weiterverarbeiten. Es empfiehlt sich, Einmalhandschuhe und Schürze zu verwenden. Sollte doch mal etwas danebengehen, Zitronensaft hilft bestens gegen Rote-Bete-Flecken.
PETERSILIENWURZELN
Ob kraus oder glatt, Petersilie gehört zu vielen Küchen und bereichert eine Vielzahl an Rezepten. Die meisten beschränken sich dabei jedoch aufs Kraut. Die Petersilienwurzel ist noch nicht so lange auf unseren Speiseplänen, obwohl sie würzig-schmackhaft und ein grandioses Wintergemüse ist, das wir schon ab Ende Oktober antreffen. Äußerlich der Pastinake ähnlich, wird sie auch entsprechend verarbeitet. Ihre Schale entfernt man mit einem Gemüseschäler. Man muss die Petersilienwurzel übrigens nicht unbedingt kochen. Roh kann sie eine tolle Bereicherung für Salate und Vorspeisen sein. Püriert, gebraten oder gekocht ist sie immer wieder eine abwechslungsreiche Beilage zu Fisch und Fleisch. Natürlich können Sie die Petersilienwurzel auch einfach als Röstgemüse verwenden oder Ihrem Kartoffelpüree einen Hauch Würze verleihen.
TOPINAMBUR
Eigentlich hat es Topinambur in Baden-Württemberg zuerst als regionaler Schnaps zu Ruhm gebracht. Die „Erdartischocke“, wie man dieses Wurzelgemüse auch nennt, ist, und da staunt man wirklich, eigentlich eine Sonnenblumenart. Topinamburknollen wirken immer ein wenig bizarr, und sieht man sie am Marktstand, überlegt man sich schon zweimal, ob man sie zubereiten will. Rezepte finden sich reichlich und der Schälaufwand lohnt. Denn der Geschmack dieser Wurzel ist nussig, manchmal fast süß. Gesundheitsapostel lieben Topinambur-Chips. Findige Köche zaubern Suppen, Eintöpfe, Pürees oder gar Brot daraus. Besonders spannend finden wir ihn übrigens in Kombination mit Schwarzwurzeln oder Maronen.
IN DER FOLGENDEN LISTE HABEN WIR EINE MÖGLICHE UNTERTEILUNG DER WURZELGEMÜSE ERSTELLT:
Zwiebelgemüse
Zwiebeln & Lauchgewächse wie Küchenzwiebel, Perlzwiebel, Winter-Zwiebel und sonstige Zwiebelgewächse wie Bärlauch, Knoblauch und Fenchel
Knollengemüse
z.B. Kartoffel, Karotte, Knollensellerie, Pastinaken, Petersilienwurzel, Radieschen, Rettich, Gelbe und Rote Beete, Süßkartoffel, Steck- und Speiserüben, Topinambur, Yacon
Bildnachweis:
Philipp Sedlacek